Mittwoch, 10. Oktober 2007

Horse Gin Retorte

Da mir der National Slam noch immer in Gedanken nachhängt, und ich auch beweisen will, dass ich nicht sooo die Ego-Sau bin, gibt es jetzt eine kleine unterhaltsame Geschichte über das Team Horse Gin Retorte, das aus Casjen Ohnesorge und mir besteht...

Die Regularien des Wildcardrankings und der nicht vorhandene Zuspruch anderer Teams machten es uns möglich, mit nur einer regulären Slamteilnahme zum National zu fahren, als zehntes von zehn qualifizierten Teams. Eigentlich war dies ja genau der Fall, den Berlin durch das Ranking vermeiden wollte. Aber wir können uns jedenfalls nicht vorwerfen, sonst irgendwem die Teilnahme kaputt gemacht zu haben.

Im August, als ich zwischenzeitlich in Köln gewohnt habe, fand die erste telefonische Absprache statt. Ich teilte Casjen unseren neuen Teamnamen mit, den ich eines Nachts mühsam anagrammiert hatte - was aber irgendwie niemandem aufgefallen war. Deshalb nochmal zum Nachvollziehen:

Ritter Ohnesorge --> Horse Gin Retorte

Casjens Frage nach dem tieferen Sinn bleibt bis auf weiteres unbeantwortet. Zu Ende des Gesprächs stand die leidige Textdiskussion. Wir brachen sie ab, einigten uns darauf, in vier Wochen noch einmal zu telefonieren und gingen weiter freudig unseren Beschäftigungen nach, zu diesem Zeitpunkt Öl verkaufen und Soaps schreiben.

Die vier Wochen zogen sich dann irgendwie in die Länge und waren erst Dienstag letzter Woche vorüber, als Casjen aus Armenien zurück und ich wieder in Bamberg war. Die Telefonkonferenz ergab, dass wir uns gegenseitig sehr bemitleiden, im Einzel in derselben Vorrunde zu sein und außerdem, dass wir als Teamtext "John & Jack" performen würden, einen altbewährten albernen Cowboytext mit einem Hauch politischen Inhalts (Studiengebühren). Da mir das Ende (das ich vor zwei Jahren selbst geschrieben hatte) ziemlich zum Hals raushing, wurden zudem ansatzweise Alternativenden erarbeitet.

Donnerstag letzter Woche dann, vier Stunden vor unserem Auftritt beim Mittagsschmaus mit Kartoffeln und Brokkoli, diskutierten wir heftig über das "neue" Ende, das Casjen nicht passte und umgehend durch eines ersetzt wurde, bei dem er Ruhe gab. Noch drei Stunden bis zum Auftritt und wir begannen zu proben, wie wir es jedes Jahr tun:
Wir zogen von Grünfläche zu Grünfläche, suchten verwaiste Spielplätze auf, stellten uns den Sandkasten als Bühne vor und sagten unseren Text auf. Perfektionist Ohnesorge war natürlich wie immer unzufrieden ("Du hast 'Verdammte Scheiße' gesagt, das muss 'Damn fuck!' heißen.") und Luftikus Ritter versuchte zwanghaft, letzte Textänderungen mit einzubringen, meist mit dem Argument, sie wären genial und veredelten den Text. Wie immer fand man irgendwie den Mittelweg, der in diesem Fall daraus bestand, dass die spontanen Hinzufügungen mit hamburgischer Akribie endlos geprobt wurden. Folgende Textstelle geriet dabei in den absoluten Fokus:

"Wie ist der Name deines chinesischen Pferdes, John?"
"John Jack."
"John, John?"
"John Jack, Jack!"
"John Jack Jack, John?"
"John Jack, Jack!!"
"John Jack, John?"
"John Jack, Jack!"

Natürlich muss man wissen, dass wir diese Textstelle zweimal hintereinander mit wachsender Geschwindigkeit brachten, und - dank Ohnesorge - saß sie, als wir eine Stunde vor Auftritt feststellten, dass wir uns mal auf den Weg zum Ballhaus machen sollten.
Der Höhepunkt des letzten Fußmarsches war folgender Dialog:

Ritter: Warum verziehst du dein Gesicht eigentlich so beim Sprechen?
Ohnesorge: Das ist Schauspielkunst.

Im Ballhaus angekommen, erfuhren wir von unserem Top-Startplatz, dem zehnten von zwölf, was uns in eine angenehm dösige Siegesgewissheit versetzte - die zunehmend dahinschwand, als man sich den Verlauf der Runde betrachtete. Das Publikum war nicht bester Stimmung und auch nicht in eine solche zu versetzen. Aber ein Cowboy kennt keine Angst und so zogen wir unser Ding durch, besser als in allen Proben...

"Verdammte Scheiße, Jack, mein Pferd kann mich nicht mehr tragen."
"Oh mein Gott, John, was ist los mit deinem Pferd? Hat es etwa Liebeskummer?"
und so weiter

Das Publikum war im Anschluss der Meinung, dass wir die Sache ganz gut gemacht haben - nur hatten sieben andere sie besser gemacht. Und so konnte Horse Gin Retorte der Tradition des gleichbesetzten Vorgängerteams Ritter Ohnesorge von der traurigen Gestalt folgen, die bei den National Slams 2005 und 2006 keinen Blumentopf gewinnen konnten. Und in Zürich ist dann eben mal wieder ein Text von Casjen dran...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hhm fand die "zentrale STelle" irgendwie ziemlich von rtl samstag nacht geklaut... da haben "harry und stefan" mal über ihre zweiten vornamen diskutiert und der gag war der selbe. oder haben die von euch geklaut?

critter hat gesagt…

Der Geist stiehlt, wo er kann.
(Paul Valéry)

Du hast ein Gedächtnis...

Anonym hat gesagt…

naja ich hatte als kind zeitweise nur die cd :)... sag doch einfach das die von euch geklaut haben, hätt ich dir auch abgenommen.